Gisela Kautz: Tipsy. Stuttgart / Wien (Hoch) 1991.
In diesem Buch geht es weit weniger um Pferde an sich, als um die heilende Wirkung, die sie haben können.
"Tipsy" fängt für ein Pferdebuch ungewöhnlich an, nämlich mit dem Diebstahl eines Autos. Zwar ist die zwölfjährige Tipsy nur Beifahrerin, als sie und ihr Kumpel Frank von der Polizei erwischt werden, aber sie ist bereits mehrfach durch kleinere Vergehen aufgefallen. Da ihre alleinerziehende Mutter in einer Spätschicht arbeitet und absehbar ist, dass sie sich nicht ausreichend um ihr Tochter wird kümmern können, kommt Tipsy zu Pflegeeltern auf den Reiterhof Ilmenau.
Ihr anfänglicher Widerstand gegen das geordnete Leben, das sie nun führen soll, schmilzt mit der wachsenden Liebe zu den Pferden, besonders dem Fohlen Barbarina, dahin. Auch ist Tipsy eine begabte Reitanfängerin (die dankenswerterweise nicht am Ende des Buches die große Kreismeisterschaft gewinnt, sondern realistischerweise in einem E-Springen platziert wird), was ihrem Selbstvertrauen gut tut.
Dass sie davon eine Menge braucht, liegt weniger an ihrem Verhalten als an dem ihrer Umwelt: Die Eltern der Freundinnen erlauben nicht, dass Tipsy zu den Geburtstagsfeiern ihrer Töchter eingeladen wird, als an der Schule Geld gestohlen wird, verdächtigen einige Klassenkameraden Tipsy, und ihre Mutter scheint an ihrem neuen Freund mehr Interesse zu haben als an ihrer Tochter.
Da verwundert es nicht weiter, dass Frank, der inzwischen ins kriminelle Milieu abgerutscht ist, seinen gefährlichen Einfluss auf Tipsy nicht ganz verliert. Tipsy sorgt dafür, dass er sich auf dem Reiterhof für zwei Tage verstecken kann, sosehr ihr die Sache auch missfällt.
Doch als sie merkt, dass ihre neue Familie zu ihr steht und ihr vertraut und sie im jungen Schotten Craig einen neuen Freund gefunden hat, gelingt es Tipsy, sich Frank und damit ihrer Vergangenheit entgegenzustellen.
Dies ist eine schöne, mit humorvollem Auge für Details (die Unterhaltung zwischen Tipsy und ihrer Pflegemutter, in der Tipsy sich eine Puppe erbittet, ist herrlich - Tipsy möchte damit ihr Fohlen trainieren, aber die Pflegemutter macht sich Vorwürfe, dass sie nicht längst erkannt hat, dass Tipsy eine Puppe zum Spielen haben möchte) geschilderte Geschichte über die heilende Wirkung von Vertrauen, in der die Pferde als solche aber nur eine untergeordnete Rolle spielen. Wahrscheinlich ist das gut so, da auch dieses Buch seiner Zeit verhaftet ist - Tipsys Lieblingspferd steht im Ständer, der Stall wird im Dezember als "warm" beschrieben, und als Privatreiter bekommt Craig, Tipsys schottischer Freund, sein Pferd natürlich gesattelt und geputzt hingestellt.
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