Schönrock, Heidi: Ein Pferd für Heike. Hannover: Neuer Jugendschriften-Verlag 1971.
Ich bin ganz froh, dass ich nicht zu den betrogenen Kindern dieser Generation gehöre. Irgendwie steht auf etlichen Büchern dieser Zeit groß "Pferd" drauf, was aber drin ist, ist eine der üblichen "moralisch wertvollen" Jugendgeschichten der Zeit, in denen über ein paar Seiten mal ein Pony galoppiert. Hier ist es ähnlich.
Eigentlich geht es im Buch um die arme Heike und die reiche Gudrun (deren Bruder immerhin ein Pferd besitzt, die Stute Blanca). Heike rettet Gudrun das Leben, als diese beim Eislaufen einbricht, und so werden die beiden Mädchen Freundinnen. Ist schon bedauerlich, dass das nicht ohne Lebensrettungsaktionen möglich war, aber nun gut. Offenbar wollte die Autorin uns sagen, dass arme und reiche Kinder befreundet sein können und wieviel in armen Menschen stecken kann.
Heike kann nämlich irgendwie alles: Sie ist nicht nur die schnellste Eisläuferin, sondern auch ein Naturtalent im Reiten. So beschließt Gudruns älterer Bruder, ihr Unterricht zu geben, damit sie sich um seine Stute Blanca kümmern kann, wenn er ins Ausland geht.
Gudrun beschließt irgendwann spontan, dass sie auch ein Pferd haben möchte, und bekommt dieses natürlich auch. Interessanterweise ist bei diesem durch eine Zirkusvorstellung gewecktem Wunsch von Verantwortung wenig die Rede, obwohl sonst höchst wichtige moralische Fragen, etwa die, ob man der Nachbarin sagen darf, wer ihre Kirschen geklaut hat, wenn man selbst fälschlicherweise unter Verdacht steht, in epischer Breite geschildert werden.
Wichtiger als Blanca ist in diesem Buch sogar Fräulein Greif, die Tochter des Dorfschullehrers, die den Mädchen Handarbeit und Pflichtbewusstsein nahebringt und nebenher beim Badeausflug im Bikini die Bewunderung aller Mädchen auf sich zieht (denn man kann modern und schick und trotzdem PFLICHTBEWUSST sein!! - Holzhammer- ).
Letztlich beschließt Heikes Mutter umzuziehen, so dass Heike Blanca nicht einmal mehr bis zum Ende des Auslandsaufenthalts versorgen kann. Besonders bekümmern tut sie das allerdings nicht, denn immerhin bekommt sie ja nach dem Umzug ein eigenes Zimmer.
Als ihr klar wird, dass sie auch ihre Freundin Gudrun verlassen muss, weist ihre Mutter sie auf das hin, was der Autorin wirklich wichtig ist: Pflichtbewusstsein: "Es ist eine Prüfung, bestehe sie gut!"
Hätte man die Pferde aus der Geschichte herausgekürzt, wären etwa 10 Seiten weniger darin, aber die Geschichte hätte Bestand. Würde man jedes Ereignis kürzen, auf dem in großen, moralinsauren Buchstaben "PFLICHTBEWUSSTSEIN" steht, hätte man noch ein nettes Kapitel über ein Pferderennen in der Hand.
Man hat die Kinder damals ganz schön gelinkt.
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