Sonntag, 29. März 2015

Ulrikes Sprung nach vorn

Müller-Mees, Elke: Ulrikes Sprung nach vorn. Bindlach: Löwe 2001.
besteht aus: Ulrikes Sprung nach vorn und Zwischen Disco und Quadrille.

Hahahahaha. Lang leben die 80er! Wann sonst konnte man Begriffe wie "Gesichtsbaracke" ungestraft verwenden? Hier eine Kostprobe:

"Wen haben wir denn da? 'ne echte Ätz-Usche! Möchte bloß wissen, was unser Chrissie an dir findet. Aber vielleicht steht der ja auf Babyblut."
"Cool bleiben, Junge, total cool bleiben!" [...]
"Du machst am besten 'ne Biege", meinte Georgie. "Keine Weiber heute!"
"Wer sagt das?"
"Mando. Er ist der Boss."
(S. 193)

Ätz-Usche. Ernsthaft. Ebenso ernsthaft wie "Laschi", "'ne echt zombige Tante" und Sprüche wie "Mach hier bloß nicht den Tarzan, Schweinebauer!" und "Törn dich ab!"

Muss ich mehr sagen? Hm. Ulrike ist die beste Reiterin auf dem Schleusenhof, und dem gutaussehenden, reichen Michael, der immer im Sportflitzer auf den Hof kommt und an Pferden eigentlich wenig Interesse hat, passt das gar nicht, weshalb er mit unfairen Mitteln versucht, die Vereinsmeisterschaft zu gewinnen. Dazu gehört unter anderem, dass er Anstalten macht, Ulrike zu vergewaltigen, was erstaunlich wenig Folgen für das ganze Buch hat, obwohl die Sache nur durch das zufällige Auftauchen von Ulrikes Freundin Ditte (der "Ätz-Usche" von oben) vereitelt wird. Ulrike wird dadurch nur sauer und ist noch entschlossener zu gewinnen. Irgendwie wäre die Gewichtung der Ereignisse in einem heutigen Buch anders.
Natürlich gewinnt Ulrike auch, allerdings nicht auf Paleyka, ihrem Pflegepferd, da Michael die Stute vor dem Wettkampf verletzt. So tritt sie auf Imperator, dem Pferd des von ihr angehimmelten Reitlehrers, an. Da Pferde ohnehin als Persönlichkeiten keine Rolle spielen und mit einem Adjektiv beschrieben werden können (Paleyka: brav, Impi: temperamentvoll), klappt das, schließlich ist Ulrike eine hervorragende Reiterin.

Im zweiten Band geht es darum, dass das Schleusenhof-Team eine Quadrille zusammenstellt. Gestört wird das Training jedoch von einer ortsansässigen Rockerbande, die auch den Bauern im Ort ein Dorn im Auge ist, fahren die "Skunks" doch mit ihren Motorrädern mitten durch den Wald. So beschließen die jungen Reiter, die Rocker mit Stinkbomben (!!!) zu vertreiben. Das muss ja klappen, schließlich konnte die Polizei bisher nichts ausrichten... nun ja, kurz bevor die Rocker die Pferde und ihre Reiter plattmachen, taucht glücklicherweise die Polizei auf, die Chris, Dittes Freund, auf den Plan gerufen hat, denn Ditte hatte ihn vorgewarnt.
Der Reitlehrer ist zu Recht wütend auf seine jungen Reiter, die so verantwortungslos die Gesundheit der Pferde aufs Spiel gesetzt haben, aber immerhin gewinnt das Team eine Einladung ins Schauprogramm der Hansepferd, wenn auch nicht den Quadrillenwettbewerb. Das ist doch ein Trost!

Zwischendurch geht es um die typischen 80er-Themen: Naturschutz (einer der Jungs hat einen Teich angelegt, der durch Überdüngung umkippt), Binden versus Tampons beim Reiten (ja... ehrlich), Küsse, Rock'n Roll - meistens als "heiße Rhythmen" bezeichnet - und Eifersucht. In der Disco wird öfter mal "Lambada" gespielt, was dieses Buch noch exakter verortbar macht. Nicht dass "Ätz-Usche" den 2001-er-Kindern, die die Neuauflage lasen, nicht deutlich genug zeigen würde, dass dies nicht ihre Welt ist.

Dieses Buch ist fast schon wieder ein 70er-Buch: Pferd steht drauf, aber es geht eigentlich um ganz viel anderes.




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