Donnerstag, 17. Juli 2014

Alles für Bianca

Seymour, H.: Alles für Bianca. Drei Geschwister kämpfen um ihr Pferd. Hannover (Neuer Jugendschriften-Verlag) 1977.

Ja, das ist tatsächlich eine ausgewählt scheußliche Kombination aus Foto und Zeichnung. Apart.

Leider ist dieses Buch eine recht konventionelle Aneinanderreihung von Klischees: Der Vater gewinnt das Pferd Bianca bei einer Wohltätigkeits-Tombola, die Kinder wollen es unbedingt behalten, aber die Mutter sieht aus finanziellen Gründen keine Möglichkeit dazu, und die Lösung ist dann letztlich sosehr deus-ex-machina, dass es schon wehtut.

Bianca stammt aus einem Mitleidskauf - obwohl sie keineswegs alt ist, soll sie zum Schlachter gebracht werden. Es gehört zu den positiven Aspekten des Buches, dass erwähnt wird, dass die Dame, die sie kauft und letztlich der Tombola zur Verfügung stellt, damit genauso am Tier schuldig wird wie der ursprüngliche Verkäufer.
Nicht dass die Familie es viel besser machte. Bianca ist in einem dunklen Schuppen untergebracht, und der Pferdemensch, der sich das Elend am Ende des Buches ansieht, kommentiert dies nüchtern mit "Hier drinnen kann sie nur blind werden". Ihr Ernährungszustand lässt auch zu wünschen übrig, aber keiner in der Familie hat Ahnung von Pferden - ein Umstand, der Gisela, der Tochter der Familie, schmerzhaft vor Augen geführt wird, als sie sich in der örtlichen Reitschule verdingen möchte, um einen Platz für Bianca zu sichern.
Die Handlung besteht anfangs aus den Mühen, die die Geschwister betreiben, um die 100 Mark aufzutreiben, die der dunkle Schuppen pro Woche kostet, ein Unterfangen, bei dem nur der kleine Peter erfolgreich ist (klare Siebzigerbotschaft: Fleiß und Arbeit sind der einzige Weg zum Erfolg). Als den Kindern dann klar wird, dass ihre Eltern die Stute dennoch verkaufen wollen, versuchen sie, einen anderen Platz für die Stute zu finden. Das Ganze löst sich, als Rob punktgenau rechtzeitig einen neuen Freund findet, dessen Vater Pferde hält und sich bereit erklärt, die Schimmelstute bei sich aufzunehmen.
Bianca ist hier wirklich nur Handlungsmotor und klares Objekt der Botschaft, dass die Haltung von Tieren Verantwortung erfordert. Dazu passt auch, dass die einzige Stelle, in der Bianca tatsächlich länger auftaucht, erst am Ende geschildert wird, als das eigentliche Problem gelöst ist - Rob lässt sich herausfordern, sein Pferd zu reiten. Bianca, unterernährt und seit Tagen fast ständig im dunklen Schuppen eingesperrt, macht ihm unmissverständlich klar, was sie von derlei Behandlung hält. Die Moral "Ein Pferd ist kein Spielzeug für Dummköpfe ... und zum Angeben ist es erst recht nicht geeignet" liefert der neue Freund gratis zum Pferdestall dazu.
Sicher ist das keine schlechte Botschaft, aber als eigentliches Pferdebuch überzeugt das Buch mich wenig - dafür wäre es spannender, Biancas Verhalten zu sehen, als genau jede Mark aufgezählt zu bekommen, die die Geschwister verdienen.

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