Donnerstag, 17. Juli 2014

Harriet Buchheit

Buchheit, Harriet: Mädchen im Sattel. Reutlingen (Ensslin) 1986.
Buchheit, Harriet: Pferdeglück. Würzburg (Arena) 2004.
Buchheit, Harriet: Schöne Zeit mit Koralle. Reutlingen (Ensslin) 1979.

1. enthält die beiden Texte Alle Liebe für ein Pferd und Ein Pferd und eine Freundin

 Ach ja... die gute alte Zeit. Oder eben auch nicht.
Harriet Buchheit schrieb ihre ersten Pferdebücher, als sie selbst noch ein Teenager war, und das merkt man ihnen auch an.  Die Bücher handeln vom Alltagsleben in typischen Reitställen ihrer Zeit, mit Abteilungsreiten mit elf Reitern in der Halle, Ständerhaltung, und einer Geisteshaltung, in der ein Pferd mit acht Jahren für die fünfzehnjährige Hauptperson bereits "zu alt" ist.
Und der Stall?
"Ich rannte und erreichte atemlos die Stalltür. Warme, staubige Luft schlug mir entgegen. Eine Deckenlampe brannte und tauchte die Pferde in trübes Licht." (S. 51)

Eigentlich kann man nur hoffen, dass zumindest das erste Buch heute nicht mehr gelesen wird, denn die sehr unkritische Schilderung dieser Umstände macht keinen Spaß. Dabei ist es nicht so, als kämen der Erzählerin nicht auch einmal Zweifel, was die Haltung ihrer Stute betrifft, jedenfalls nachdem sie auf Grund eines von ihr verschuldeten Unfalls im Parcours monatelang stehen muss: "Ich hatte sie von der Weide in den düsteren Reitstall geholt, sie geritten und zum Springen gezwungen". Leider werden diese Zweifel sofort wieder weggewischt: "Aber hätte ich es nicht getan, dann wohl ein anderer. Pferde wurden geritten, seit Jahrhunderten war das so." (S. 77)
Aus heutiger Sicht tut einem das Tier nur leid. Die fünfzehnjährige Ilka, die bisher nur Schulpferde geritten ist, kauft sich die vierjährige Stute Dorina. Sie kommt von der Weide direkt in einen Ständer, weil der billiger ist. Gleich in ihrer ersten Springstunde reitet Ilka ein Hindernis an, vor dem sie Angst hat, weil sie weiß, dass sonst ein anderer ihr Pferd springen würde und sie Angst vorm Reitlehrer hat (beides super Motive, Egoismus und Angst, aber realistisch für die Zeit und die Reitlehrer damals). Der Absprung passt nicht, sie zwingt die Stute trotzdem hinüber, diese stürzt schwer und wird noch in der Halle operiert.
Danach muss sie monatelang stehen, erst in einer Hängevorrichtung, dann in einer Box. Dass die Stute aggressiv wird, wundert eigentlich nur Ilka, die Dankbarkeit erwartet, weil man ja die teure Operation bezahlt (darin wird sie noch bestätigt, denn andere Stallmädchen sagen ihr ganz klar, dass ihr Pferd in so einer Situation zum Schlachter käme), und den Reitlehrer. Den Leser wundert das jedenfalls wenig, und immerhin erklärt auch ganz nebenbei eine Schulfreundin, dass auch bettlägrige Patienten aggressiv und missmutig würden. Leider reagiert Ilka trotz ihrer immer wieder beteuerten Liebe zur Stute mit Gegengewalt, und die beiden geraten in einen Teufelskreis aus Misstrauen.
Als Dorina schließlich wieder geritten werden darf, was sie mit bewundernswerter Ruhe absolviert, ist das Verhältnis so zerstört, dass die Eltern vorschlagen, ein neues Pferd zu kaufen.
Am Ende wird entschieden, das Pferd ein paar Monate nur auf die Weide zu stellen und in Ruhe zu lassen, um einen Neuanfang möglich zu machen.

Wie gesagt, das Buch würde ich heute guten Gewissens keinem Jugendlichen oder Kind in die Hand geben, außer vielleicht als zu besprechendes Lehrstück, wie man es nicht machen soll. Die inkompetente Ilka schafft es auch im ganzen Buch kaum, mir sympathisch zu werden, außer in dem Moment, als sie das andere Stallmächen, das erzählt, ihr Vater würde ihr Pferd in einem Fall wie Dorinas nicht operieren lassen, fragt, ob sie ihr Pferd nicht mögen würde. Verständnis habe ich, denn wer die 80er in einem solchen typischen Stall miterlebt hat, der weiß, dass Ilka Vorbilder und gute Pferdemenschen fehlen, aber dennoch ist das Buch ein gutes Beispiel dafür, dass Liebe ohne Kompetenz einfach nicht ausreicht.

Der zweite Band ist deshalb noch heute lesbar, weil die Haltungsbedingungen der Pferde kaum erwähnt werden.
Die Handlung ist schnell erzählt: Anne darf seit einem Reitunfall nicht mehr reiten, aber nach einem guten Jahr Pause lassen sich die Eltern doch überreden. Anne nimmt Stunden, findet in Beate, die dann auch gegenüber einzieht, eine gute Freundin, reitet Turniere, bekommt von ihren Eltern Beates Pferd Gauner geschenkt, als diese ein neues Turnierpferd bekommt, und macht bei Beate Reiterferien mit den anderen Mädchen vom Verein.
Dazu die nervige zwanghafte Beschäftigung mit Aufzählungen ("in der Box steht... daneben steht.../ "du reitest... du reitest... du reitest..."), die wohl der Jugend der Autorin anzulasten sind, und die zeittypische Einschätzung der Pferde in "läuft flott/gut und geht am Zügel" oder "geht nicht am Zügel", das so ziemlich die einzigen Qualitäten der Pferde zu sein scheinen, die die Jugendlichen interessieren, und man weiß, wie sich das Buch liest.



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